„Ich möchte Bücher für Menschen schreiben, die sonst nicht gerne lesen.“

Interview mit dem RUNED-Autor R. R. Stein über Vorbilder, nervige Rechtschreibregeln und Motivation.
 

 

Der deutsche Fantasy Autor R. R. Stein (38) erzählt im Interview über seinen Künstlernamen, seine frühere Abneigung gegen Bücher und warum ein gutes Buch mehr sein muss als nur Text auf Papier.

 

R. R. Stein, ist das dein richtiger Name?

Nein, R. R. Stein ist ein Pseudonym, das ich für die Fantasy-Reihe RUNED verwende. Mein richtiger Name ist Benjamin Jaworskyj. Unter meinem bürgerlichen Namen bin ich in anderen Bereichen, unter anderem der Fotografie und auf YouTube, relativ bekannt und möchte das nicht vermischen. Außerdem wollte ich schon immer mal einen Künstlernamen haben. R. R. Stein. Klingt cool, oder? Inspiriert von George R. R. Martin, J. R. R. Tolkien und, wie ich später bemerkt habe, auch unbewusst von R. L. Stine. Die ersten beiden sind bekannte Fantasyautoren und R. L. Stine ist eine Jugendhorror-Legende. Doppelbuchstaben am Anfang sind, wie man merkt, ein Muss. Stein ist ein richtig deutscher, einfacher, kurzer Name, der auch international funktioniert. Vielleicht steckt in dem Namen ja aber auch noch mehr. R. steht vielleicht für Rune und der Stein für… Wer weiß?

 

Sind diese Autoren, die du genannt hast, deine Vorbilder?

Ich wollte eine Buchreihe und später dann auch eine Filmreihe machen, die sich mit Harry Potter, Percy Jackson und den Chroniken von Narnia messen kann. Diese Filme habe ich alle gerne gesehen und sehe sie noch heute. Ich finde es sehr schade, dass es danach nichts Vergleichbares mehr gab. Schöner Urban Fantasy. Stattdessen nur noch Marvel- und Star-Wars-Spin-offs. Das hat mich alles gelangweilt. Deshalb habe ich einfach selbst angefangen, meine Fantasie zu bemühen und Stück für Stück Ideen zu sammeln, was ich gerne sehen beziehungsweise lesen wollte. Ein eigenes Universum, eigene Figuren, ähnlich dem, was man kennt und liebt, aber doch ganz anders.

Ich bin zum Beispiel gar kein riesiger Fan von klassischer Fantasy wie Herr der Ringe, Game of Thrones und Co., also wo alles in einer reinen Fantasywelt spielt und es verschiedene Reiche gibt. Ich mag lieber die Mischung aus einer oder mehreren Welten und unserer Welt. So, dass man sich vorstellen kann: Ah, das könnte es auch hier bei mir geben. Verborgen. Geheim. Und doch da.

Ich muss übrigens gestehen: Ich habe kein Harry-Potter-Buch gelesen, kein Narnia und auch kein Percy Jackson. Als Hörbuch gehört, ja, aber nicht gelesen. Ich bin Fan der Geschichten, der Figuren, der Universen, aber ich war als Kind niemand, der gerne gelesen hat. In der Schule kann ich mich erinnern, dass mich die Geschichten, die wir lesen mussten, nie gefesselt haben. Es war langweilig. Eine Qual. Ich habe immer lieber Filme geschaut oder Hörspiele gehört. Aber auch die mussten fesseln. Witzig sein. Spannend. Genau das macht es so interessant für mich. Ich schreibe als jemand, der nicht gerne gelesen hat, für andere, denen es vielleicht genauso geht. Deshalb sind die RUNED-Bücher viel mehr als nur eine Geschichte auf Papier.

 

Wie hast du das Schreiben gelernt?

Rückblickend habe ich immer gerne geschrieben, zum Beispiel Gedichte oder Texte in der Schule analysiert. Kein Spaß, das fand ich cool. Ich hatte sogar Deutsch als Lieblingsfach, war aber immer nur Durchschnitt, weil ich keine Lust auf Rechtschreibung hatte. Das ist für mich überflüssige deutsche Kleinkariertheit. Ob jetzt ein Komma hier oder da hinkommt, das Wort groß oder klein geschrieben wird, mit ß oder s – ganz ehrlich, wen interessiert es? Mich jedenfalls nie. Heute bin ich besser darin, aber ganz ehrlich, da gibt es Rechtschreibprogramme, auch damals schon, heute noch KI, und beim Buch immer auch das Korrektorat. Kathrin und Nathalie aus meinem Team haben da ein Adlerauge.

Ein Buch ist immer Teamwork. Ich konzentriere mich auf das, was ich gut kann, und andere auf Kommas und komische Regeln, die sich irgendwer mal ausgedacht hat. Geschichten und Figuren ausdenken, sie agieren lassen, sie lebendig werden lassen durch Sprache und Aktion – das ist meins. Das kreative Schreiben habe ich über die Jahre immer weiter gelernt. Erst als Moderator beim Radiosender JAM FM in Berlin, wo ich meine Moderationen so schreiben musste, dass sie echt klingen. Deshalb benutze ich auch gerne die drei Punkte „...“ in meinen Dialogen. Das sind meine Pausen aus der Moderationszeit. Und ich nutze sie in Dialogen als genau das.

Ich habe neun Fotografie-Bücher gemacht, bevor RUNED 1 kam. Fachbücher sind natürlich nicht besonders kreativ beim Schreiben, aber sie haben mir geholfen, den Ablauf einer Buchproduktion besser zu verstehen. RUNED 1 war dann bereits Buch Nummer 10, und im Prozess habe ich bestimmt acht Audiobücher zum kreativen Schreiben gehört, YouTube-Videos geschaut, Masterclasses von Sebastian Fitzek, David Baldacci, James Patterson, Neil Gaiman The Duffer Brothers, David Mamet und Co. sowie von Regisseuren wie James Cameron, Martin Scorsese or Werner Herzog angesehen und dann einfach angefangen zu schreiben und auszuprobieren. Lerne von den Besten und dann Do-it! Bei RUNED 1 war der Prozess noch etwas länger, RUNED 2 ging jetzt relativ flüssig von der Hand. Mit der Zeit entwickelt man seinen Stil und weiß, wie man was technisch angeht.

Ein Buch zu schreiben ist eine Sache. Einen Roman zu schreiben ist nochmal ein ganz anderer, komplexer Marathon und hat viel mit Ausdauer und Technik zu tun. Vieles wirkt für den Leser zufällig, ist aber nach einer Methode oder bestimmten Technik aufgebaut.

 

Wie lange schreibst du an einem Buch?

RUNED 1 hat mehrere Jahre gedauert. Immer wieder habe ich Ideen gesammelt und die Story angepasst, ausgebaut, korrigiert und überarbeitet. Der reine Schreibprozess, also ab dem Tag, an dem ich gesagt habe „Ich mach das jetzt fertig“, waren es vielleicht noch so sieben bis acht Monate. Aber ich schreibe nicht am Stück, sondern jeden Tag zwei bis drei Stunden maximal. Mehr geht nicht. Dann ist der Kopf matsch. Außerdem habe ich RUNED nebenbei geschrieben und zeitgleich meine Fotografie- und Videoprojekte umgesetzt. Das war eine stressige Zeit.

RUNED 2 hat im Schreiben etwa fünf Monate gebraucht und nochmal einen Monat Korrektur. Der zweite Teil ist stilistisch nochmal etwas anders als der erste. Ich denke, den Lesern wird es gefallen.

 

Was hast du bei RUNED 2 anders gemacht?

Ich habe mehr kurze Kapitel und erzähle die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven. Das war bei Teil 1 schwer möglich, aber in Teil 2 funktioniert es gut. Das macht das Lesen fesselnder. Ich habe mich da an Sebastian Fitzek orientiert, der das sehr gut für Thriller umsetzt. Und auch wenn RUNED für ein jüngeres Publikum lesbar ist, muss man es ja nicht langweilig machen.

Auch etwas anders ist meine Art, Sätze zu formen. Ich nutze gerne eine Mischung aus sehr kurzen Sätzen, manchmal sogar nur einzelne Wörter, um Geschwindigkeit aufzubauen, und dann wieder längere Sätze, um einen Flow zu bringen oder Entspannung für den Leser einzubauen.

 

Würdest du so deinen Stil beschreiben?

Ich denke, mein Stil entwickelt sich noch weiter, aber es sind auf jeden Fall Elemente, die ich gerne nutze. Ich habe im gesamten Buch außerdem keinen einzigen Bindestrich, um Wörter über Zeilen zu trennen. Ich hasse es. Beim Lesen dieses ständige Erraten von Wörtern, und es sieht so hässlich aus. Es ist etwas Arbeit im Setzen des Textes, ja, aber es ist so viel angenehmer zu lesen, wenn nicht jede zweite Zeile am Ende ein getrenntes Wort hat.

Ich mag außerdem Dialoge. Jeder der Charaktere ist, denke ich, nach RUNED 2 auch ohne Erklärung erkennbar. Das ist auch etwas, das ich mehr vertieft habe: Erklärungen wie "...sagte Rune", einfach wegzulassen. Der Dialog verrät den Charakter mit der Zeit.

Sonst würde ich meinen Stil als „auf den Punkt“ und „ohne viel Blabla“ mit einfachen Wörtern und viel bildlicher Sprache beschreiben. Alle Charaktere sind sehr visuell, mit Illustrationen im Buch, auch im Hinblick auf eine gewünschte Verfilmung. Man kann sich die Szenen gut vorstellen, wenn man liest. Das ist mir wichtig.

Und dann gibt es noch die Rätsel mit den leuchtenden Tinten, die auch Teil des Buches sind. Es ist ein Gesamtkunstwerk, nicht nur die Geschichte.

 

Erzähl: Was hat es mit den Rätseln und Tinten auf sich?

Wie begeistert man Kinder und Erwachsene zum Lesen? Wie bekommt man jemanden, der sich denkt „Lesen? Zeitverschwendung“ dazu, ein Buch zu kaufen und zu lesen? Man muss es attraktiv machen. Die Geschichte muss überzeugen, ja, aber zuerst kommt der Haben-will-Impuls. Man investiert eine Menge Zeit um ein Buch zu lesen.

Ich bin ein kreativer Mensch, ich mag Escape Games und Escape Rooms. Ich mag die Haptik eines Buches. Ich mag den Wow-Effekt von leuchtender Tinte, wie Sterne im Kinderzimmer. Das wollte ich in einem Buch vereinen. Wenn da schon ein Baum dran glauben muss, der mit Schweiß und Faden gebunden wird, dann will ich, dass man dieses Buch zelebriert. Nicht einfach lesen und ins Regal stellen oder wegwerfen. Ich wollte ein Buch, mit dem man sich auseinandersetzt. Eines, das man alleine oder zusammen entdecken kann. Kinder, Erwachsene, Erwachsene mit Kindern. Die Dialoge und Figuren spielen. Das wollte ich.

Der einzige Fantasyroman mit leuchtender Zaubertinte, Rätseln und UV-Lampe auf der ganzen Welt aktuell. So muss ein Buch 2025 sein, um Leser zu begeistern, besonders die, die sonst nicht gerne lesen.

 

Dazu noch ein Preisgeld: Was hat es damit auf sich?

Bei RUNED 1 hatten wir einen Rätselwettbewerb: 10.000 Euro für die Person, die zuerst alle versteckten Rätsel im Buch löst, ohne Hinweise oder Tipps. Das war schwer, aber René aus der Nähe von Nürnberg hat es geknackt und sich satte 150 Stunden mit dem Buch beschäftigt. Das ist der Hammer. Ganze Rätselclubs haben sich gebildet und werden jetzt auch für RUNED 2 wieder rätseln, denn auch hier gibt es ein Preisgeld.

Diesmal teilen wir es allerdings auf. 5.000 Euro und ein Pokal für die erste Person sowie weitere kleinere Geldpreise, dazu Freizeitparkbesuche für die ganze Familie und RUNED-Merchpakete, die unter allen Teilnehmern in den nächsten zwei Jahren bis zum Erscheinen von RUNED 3 verlost werden. So haben viel mehr Leser etwas vom Lösen der Rätsel. P. S.: Die Geschichte muss man dafür natürlich gelesen haben. #motivationzumlesen

 

Also erscheint RUNED 3 in zwei Jahren?

Wenn alles glatt läuft, ja. So ist der Plan: 2027.

 

Wie viele Teile wird es geben und weißt du schon, wie das Ende ist, bevor du schreibst?

Mindestens drei Teile wird es geben, vielleicht sogar mehr. Das hängt sehr von der Nachfrage ab. Ich kenne das Ende von Teil 3 und möglicherweise wird Teil 3 auch aus zwei Büchern bestehen. Nach RUNED 2 beginnt das Abenteuer so richtig und es gibt so viele spannende Erzählstränge und Figuren, die man auf ihrer Reise begleiten kann, sowie Dinge, die in der Vergangenheit passiert sind. Am Ende entscheiden die Leser, wie viele Teile es gibt.

 

Warum eigentlich der Name RUNED?

Der Hauptcharakter heißt Rune und hat eine seltsame Gabe: Er kann Runen lesen und verstehen. Alte Schriftzeichen. Die Schrift der Magier. Hilfsmittel zum Zaubern. Auf Englisch heißt „mit Runen beschrieben“ einfach kurz und knackig RUNED und deshalb heißt die Reihe so. Alles Mögliche ist mit Runen beschrieben. Sie sind quasi die Basis der Zauberei, ähnlich wie bei Harry Potter die lateinischen Einflüsse.

 

War dir wichtig, dass es anders ist als Harry Potter?

Klar. Harry Potter läuft außer Konkurrenz. Das ist etwas ganz Tolles und Eigenes. Wenn ich jetzt aber einen Charakter hätte, der die gleiche Magie benutzt oder eine runde Brille trägt und einen Blitz auf der Stirn hat, wäre das direkt ein Abklatsch. Also habe ich versucht, etwas komplett Eigenes zu machen, etwas Modernes und doch Zeitloses. Erkennbar und doch einzigartig.

Es gibt drei Hauptcharaktere und jeder der drei sieht besonders aus und hat besondere Fähigkeiten, aber nicht alle sind Magier. Die Geschichte spielt zwischen Deutschland und Frankreich. Im zweiten Teil weitet es sich noch etwas aus. Es ist aber nicht klassisch nur UK oder nur USA wie in anderen Fantasygeschichten. Ich habe Elemente aus der französischen, germanischen, keltischen und heidnischen Mythologie verwendet. Manche der Orte existieren in der realen Welt, andere vielleicht. Diese Vermischung aus Fiktion, Mythologie und Realität finde ich spannend. Urban Fantasy eben. Besonders in RUNED 2 – Die Schatten von Halloween – wird das jetzt sehr deutlich und in RUNED 3 noch mehr.

 

Du sprachst von einer Verfilmung von RUNED. Wie ist da der Stand?

Aktuell gibt es nichts Spruchreifes. Wir hatten nach Teil 1 Interesse von verschiedenen Seiten, aber die Filmindustrie hat gerade ihre eigenen Themen mit KI und anderen Entwicklungen. Ich bin dafür sehr offen und möchte das auf jeden Fall umsetzen. Zur Not sogar mit KI in ein paar Jahren, aber am liebsten mit echten Schauspielern und großen Bildern. Da kommt meine Landschaftsfotografenseele dann durch. Epische Musik, Kostüme und große Bilder. RUNED soll man immer wieder über die Weihnachtsfeiertage schauen, genau wie Harry Potter.

 

Große Pläne. Viel Erfolg. Letzte Worte an deine Leser?

Danke euch allen für das tolle Feedback zu RUNED 1. Ich hoffe, RUNED 2 wird euch genauso viel Spaß machen. Das wäre mir das Wichtigste. Habt Spaß mit den Büchern.